Familienrecht

Gemeinsames Sorgerecht ohne Zustimmung der Mutter

Nach der Neuregelung des § 1626a BGB der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.04.2013 (BGBl I, 795; in Kraft seit dem 19.05.2013) ist ohne die Zustimmung der Mutter die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge vor dem Familiengericht möglich. § 155a FamFG regelt das Verfahren zur Begründung der gemeinsamen Sorge.

Das Familiengericht prüft auf Antrag des Vaters, ob die elterliche Sorge oder ein Teil derselben beiden Eltern gemeinsam zukommt, wenn und soweit es dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung). Anders dagegen nach § 1671 BGB, ob die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen ist, wenn dies dem Kindeswohl am besten dient (positive Kindeswohlprüfung).

Das neue Sorgerecht geht zusammen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht (amtl. Begründung, BT-Drucks. 17/11048 unter Hinweis auf BVerfGE 107, 150, 155). Das Kindeswohl geht aber über das Elternrecht zum Beispiel bei Schwierige Elternpaar-Beziehung mit Konfliktpotential. Dann ist das gemeinsame Sorgerecht zu versagen.

Für das Verfahren sieht § 155a Abs. 3 FamFG ein schriftliches Verfahren vor. Stellt der Vater einen Antrag auf Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge, so stellt das Familiengericht den Antrag der Mutter zur Stellungnahme zu. Dabei kann eine gerichtliche Entscheidung ohne persönliche Anhörung der Eltern und ohne Anhörung des Jugendamtes erfolgen, so dass das Augenmerk auf eine substantiierte vorherige schriftliche Stellungnahme zu legen. Nur wenn dem Gericht durch den Vortrag des Kindesvaters, die schriftliche Stellungnahme der Mutter oder auf sonstige Weise Gründe bekannt werden, die dem Kindeswohl entgegenstehen, setzt das Gericht einen Erörterungstermin an, wo neben dem Kindesvater, der Kindesmutter auch das Jugendamt angehört wird.


Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass dem Scheinvater nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung und zur Vorbereitung eines Unterhaltsregresses ein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Person zusteht, die ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt hat.

Die Parteien hatten bis zum Frühjahr 2006 für etwa zwei Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Im Frühsommer 2006 trennten sie sich endgültig. Am 18. Januar 2007 gebar die Beklagte einen Sohn. Nachdem sie den Kläger zuvor aufgefordert hatte, die Vaterschaft für „ihr gemeinsames Kind“ anzuerkennen, erkannte dieser bereits vor der Geburt mit Zustimmung der Beklagten die Vaterschaft an. Er zahlte an die Beklagte insgesamt 4.575 € Kindes- und Betreuungsunterhalt.

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. In einem Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts wurde ein psychologisches Gutachten eingeholt, dessen Kosten der Kläger jedenfalls teilweise zahlen musste. In einem Rechtsstreit über Betreuungs- und Kindesunterhalt verständigten sich die Parteien auf Einholung eines Vaterschaftsgutachtens. Auf der Grundlage dieses Gutachtens stellte das Familiengericht im Anfechtungsverfahren fest, dass der Kläger nicht der Vater des 2007 geborenen Sohnes der Beklagten ist. Dementsprechend sind die Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB in Höhe des geleisteten Unterhalts auf den Kläger übergegangen. Inzwischen erhält die Beklagte von dem mutmaßlichen leiblichen Vater des Kindes monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 202 €.

Dem Kläger ist der leibliche Vater des Kindes nicht bekannt. Er möchte in Höhe der geleisteten Zahlungen Regress bei diesem nehmen. Zu diesem Zweck hat er von der Beklagten Auskunft zur Person des leiblichen Vaters verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat auch die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Auskunft über die Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Ein solcher Anspruch setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass auf der Grundlage einer besonderen Rechtsbeziehung zwischen den Parteien der eine Teil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der andere Teil unschwer in der Lage ist, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof als erfüllt angesehen. Dem Kläger ist nicht bekannt, gegen wen er seinen Anspruch auf Unterhaltsregress richten kann; die Beklagte kann ihm unschwer die Person benennen, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat und gegenwärtig sogar Kindesunterhalt leistet. Die erforderliche besondere Rechtsbeziehung zwischen den Auskunftsparteien ergibt sich aus dem auf Aufforderung und mit Zustimmung der Mutter abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnis.

Zwar berührt die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des Vaters ihres Kindes das Persönlichkeitsrecht der Mutter nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehören. Dieser Schutz ist nach Art. 2 Abs. 1 GG aber seinerseits beschränkt durch die Rechte anderer. Ein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt nicht vor, weil die Auskunftspflichtige bereits durch ihr früheres Verhalten Tatsachen ihres geschlechtlichen Verkehrs während der Empfängniszeit offenbart hatte, die sich als falsch herausgestellt haben. Damit hatte sie zugleich erklärt, dass nur der Kläger als Vater ihres Kindes in Betracht kam und diesen somit zum Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst. In einem solchen Fall wiegt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig nicht stärker als der ebenfalls geschützte Anspruch des Mannes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung.

Urteil vom 9. November 2011 – XII ZR 136/09

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom  9. November 2011 Nr. 178/2011